Montag, August 22, 2016

24 Stunden eines Rentners

06:30, der Wecker klingelt! Schnell stehe ich auf und mache mir einen Kaffee. Das Frühstück verschiebe ich auf später, damit ich noch genug Zeit habe um mich zu waschen und anzuziehen.
Um halb acht fährt der Bus, der mich direkt vor den Eingang der nächsten Migros bringt, die öffnet ihre Tore um acht. Ich bin etwas früher da, aber das macht nichts, so kann ich bereits in Ruhe mein Jeton für das Wägeli rauskramen und den Einkaufszettel parat legen.
Ein wenig ungeduldig stehe ich nun, vor der noch geschlossenen, Tür. Mein Blick geht zu der Uhr die direkt beim Eingang hängt und dann auffordernd zu der Verkäuferin, die endlich die Türe öffnen soll, es ist schliesslich nun genau acht Uhr und ich will nicht den ganzen Tag hier rumstehen.
5 Minuten später bin ich im Laden und beeile mich, alles auf meiner Einkaufsliste aufgeschriebene einzukaufen. Vor mir zwängt sich eine Mutter mit ihrem übergrossen Familienwagen durch die engen Gänge und neben mir höre ich ein paar Jugendliche die wohl noch schnell ihr Züni kaufen wollen. Kopfschüttelnd sehe ich ihnen nach, wie sie zur Kasse rennen. Früher hat uns unsre Mutter noch das Züni gemacht, da gab es kein Geld um schnell ein Brötli in der Migros zu posten.
Draussen treffe ich eine befreundete Frau mit ihrem Hund und wir beschliessen uns noch schnell einen Kaffee zu genehmigen bevor ich wieder nach Hause muss. Der Haushalt macht sich ja nicht von alleine.

Um zwölf muss ich kochen, damit das Essen auch pünktlich um halb eins auf dem Tisch steht, das ist einfach so, daran haben wir uns jahrelang gewöhnt. Um 10 vor zwölf fällt mir aber ein, dass ich zu wenig Bratensauce habe. Also nochmals los. Leicht gestresst hetze ich in die Migros, schnappe mit die Dose mit Bratensauce und eile zur Kasse an welcher eine Riesenschlange steht. Mit den Arbeitern ist es wie mit den Schülern. Früher haben wir uns unser Mittagessen mitgenommen, heute müssen die alle über den Mittag ins Migros gehen und Leute wie mich aufhalten. Sauerei, denke ich während ich ungeduldig anstehe. Schliesslich schaffe ich es doch bis zur Kasse, krame mein Portemonnaie heraus und schütte das Münz in meine Hand. Für diesen kleinen Betrag will ich also nicht die frische 20iger-Note anfangen. Diese 3.80 bringe ich doch auch noch so her. Und obwohl die Zeit eilt zähe ich die Münzen raus bis ich feststellen muss, dass ich genau 20 Rappen zu wenig haben. Das ist ärgerlich, aber vielleicht habe ich mich auch verzählt, der Büezer hinter mir tritt nämlich ziemlich ungeduldig dauernd von einem auf den anderen Fuss und macht mich ganz nervös. Der soll mal nicht so tun, hätte er sich sein Mittagessen mitgenommen müsste er jetzt nicht hier stehen und warten. Nein, richtig gezählt, es fehlen tatsächlich 20 Rappen, also muss ich notgedrungen doch mit der 20iger bezahlen.
Nun muss ich mich aber beeilen, wenn das Essen noch pünktlich auf dem Tisch stehen soll.

Nach dem Mittagessen, welches übrigens pünktlich fertig war, räume ich die Küche auf und mache erstmal ein Mittagsschläfchen. Nur ein kurzes, ich habe mich um 15:00 Uhr mit meiner Freundin zu Kaffee und Kuchen verabredet, also stehe ich kurz nach Zwei Uhr wieder auf und mach mich auf dem Weg in die Stadt. Das Wetter ist schön und so beschliessen wir uns draussen einen Platz zu suchen.
Wir geniessen den Nachmittag zusammen bis ich merke, dass es ja schon wieder kurz vor Fünf ist. Um 18:00 kommt doch diese Sendung auf dem Schweizer die ich unbedingt sehen will. Ausserdem gibt es dann auch Abendessen. Also verabschiede ich mich von meiner Freundin und gehe zum Bahnhof um dort in den Bus zu steigen.
Der Bus Peron ist schon voller Leute und ich muss mich durchdrängen damit ich direkt vor der Stelle stehe an welcher dann die Türen des Bus aufgehen, nicht dass ich zu spät einsteige und dann nicht mehr sitzen kann! Als der Bus kommt drängen sich immer mehr Leute heran. Etwas ungeduldig warte ich bis die Ankommenden ausgestiegen sind und dränge mich dann rein. Eine Gruppe junger Frauen setzt sich direkt auf den Vierer-Platz denn ich sonst immer nehme. Etwas ungehalten sehe ich sie an. Diese Jugend… die könnten also wirklich stehen und uns Alten Platz machen. Schliesslich sehe ich doch noch einen freien Zweier-Platz und ich setzte mich schnell auf den äusseren Platz, nicht dass ich ans Fenster gedrängt werde und mich dann mühsam rausdrängen muss, wenn ich aussteigen will. Der Bus füllt sich bis auf den letzten Platz. Alles junge laute Leute, die laut reden oder Musik aus ihren Kopfhörern so laut hören dass ich es mithören muss. Ein junger Herr fragt mich schliesslich ob der Platz neben mir noch frei ist und ich bin kurz versucht zu sagen, dass er besetzt ist, aber ich lass es dann doch sein und lass ihn mit einem lauten Seufzer nach hinten damit er absitzen kann. Ich verstehe nicht ganz warum er unbedingt sitzen muss. So wie er aussieht hat er sicher den ganzen Tag in einem Büro verbracht und konnte sicher genug sitzen. Und selbst wenn nicht, die jungen Dinger arbeiten heute doch nur noch knapp ihre 8 Stunden, da soll mir keiner sagen er wäre am Abend müde. Nicht so wie wir, die noch den ganze Tag hart arbeiten mussten.
Zwei Haltestellen vor meiner will der Herr natürlich prompt raus und ich muss schon wieder aufstehen. Dass die auch alle genau dann auf den Bus wollen, wenn ich ihn benutze. Aber das ist halt auch wieder so etwas. Früher haben wir noch bis 19:00 oder 20:00 Uhr gearbeitet, heute hat jeder schon um 17:00 Feierabend und meint dann er müsse denn älteren Menschen die Sitzplätze nehmen.

Als der Bus vor der Migros hält, fällt mir ein, dass ich ja noch ein Brot für das Abendessen brauche. Also steige ich hier mit der ganzen Menschenmenge aus um noch schnell eins zu holen. Nur schnell ist schwer.  Es ist Freitagabend und jeder meint er müsse noch einkaufen gehen. Ich verstehe das nicht, die haben doch sicher alle am Samstag frei, die könnten doch am Samstagmorgen einkaufen gehen. Wenn ich mich nicht beeile verpasse ich den Anfang meiner Sendung.
Seufzend gehe ich zum Brotregal um festzustellen, dass mein geliebtes Roggenbrot nicht mehr da ist.
Mich umsehend erblicke ich eine Verkäuferin und gehe zu ihr um sie zu fragen ob es denn nochmals Brot gibt. Mit Bedauern schüttelt sie den Kopf und meint, dass es dieses Brot nur einmal im Tag gibt und dass ich dafür schon am Morgen kommen müsste, als ob ich den ganzen Tag Zeit hätte um an Brot zu denken, dass ich am Abend brauche. Ausserdem wäre es ja dann bis zum Abend nicht mehr so frisch. Aber es hätte noch Ruchbrot auf der anderen Seite. Grummelnd nehme ich halt dieses Ruchbrot, es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Ich schlängle mich neben all den Leuten mit ihren vollen Einkaufswagen hindurch und gehe zur Kasse an welcher, wie könnte es auch anders sein, eine Schlange steht. Eine Verkäuferin weist mich darauf hin, dass ich auch bei der Self-Scanning-Kasse bezahlen könnte, wenn ich nur ein Brot habe. Aber ich bezahle nicht gerne mit Karte, da weiss man nie ob es auch klappt und ich weiss den Pin-Code zudem nicht auswendig und überhaupt dieses neumodische Zeugs ist viel zu unsicher. Also bleibt mir nichts anderes übrig als anzustehen.
Schliesslich stehe ich vor der Kassiererin und krame mein Münz raus, davon habe ich ja nun genug, nachdem ich am Mittag mein 20iger wechseln musste.

Kurz vor sechs bin ich endlich zu Hause. Ich habe Glück und kann meine Sendung von Anfang an gucken. Gegen neun muss ich aber ins Bett, damit ich morgen um 6:00 aufstehen kann, morgen ist Samstag und da geht die Migros schliesslich schon um 7:30 auf und ich muss doch mein Roggenbrot kaufen gehen…


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